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The internet platform for photography and digital media arts VASA published my essay about the female gaze in photographs. It is about how the feminine is represented optically in art. Interviews with the artists and photo exhibitions will be published in the coming months. 

 

VASA - Journal on Images and Culture invites you to a New Essay Theme

"Only Women Can Do That"

The Feminine Element in Photography

Editor: Sabine Kutt

Deutsche Version unterhalb der Fotos

Erika Anna Schumacher , Germany

 

Meryl McMaster, Canada

 

                                             Linda Troeller, USA

       Roxanne Darling, USA

 

 

Deutsche Version

Die Internetplattform für Fotografie und digitale Medienkunst VASA hat meinen Essay über den weiblichen Blick in der Fotografie veröffentlicht. Es geht darum, wie das Weibliche in der Kunst optisch dargestellt wird. Interviews mit den Künstlerinnen und Fotoausstellungen werden in den kommenden Monaten veröffentlicht.

 

VASA Journal für Fotografie und Kultur lädt Sie zu einem neuen Essay-Thema ein

"Das können nur Frauen"

Das weibliche Element in der Fotografie

Herausgeber: Sabine Kutt

          Meryl McMaster

 

Vorwort

 

Seit meinen Teenagerjahren habe ich mich mit der Problematik zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern auseinandergesetzt. Die Ungerechtigkeiten empörten mich. Auch musste ich erkennen, dass diese Unterdrückungen überall existieren, also völlig international sind.

 

Ich selbst bin in der ehemaligen kommunistisch regierten Deutschen Demokratischen Republik aufgewachsen. Bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 musste ich hinter dem sogenannten antifaschistischen Schutzwall leben. In der DDR wurde die Gleichberechtigung der Frau zwar durch die Verfassung garantiert war, wurde aber im realen Leben ständig missachtet.

 

Es spielt keine Rolle in welcher Region, in welcher Kultur oder in welchem Land wir uns befinden. Die Systeme der Missachtung der Rechter der Frauen sind unterschiedlich und vielfältig, haben aber letztlich das gleiche Resultat, gleichen sich auf fatale Weise, im Westen wie im Osten, aber auch im globalen Süden, nicht zuletzt in islamisch geprägten Gesellschaften.

 

Die Ungleichbehandlung der Frauen ist aber zugleich das Symptom einer noch viel umfassenderen Diskriminierung, denen viele Minderheiten ausgesetzt sind – nach Hautfarbe, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung, um nur einige Beispiele zu nennen.

 

Dabei sind Frauen keine Minderheit, denn etwa die Hälfte der Menschheit ist weiblich. Wenn wir es schaffen, die Rechte der Frauen zu stärken und durchzusetzen, werden alle anderen unterdrückten Gruppen davon profitieren. Ihre Positionen werden gestärkt und ihre Chancen zur Verbesserung ihrer Lage steigen.

Mein Essay orientiert sich nicht an bestimmten Ländern, Regionen oder ethnischen Gruppen. Vielmehr richtet es sich an uns alle, die Bürgerinnen und Bürger dieser Erde.

 

Als Feministin, Kuratorin und Fotografin liegt es mir am Herzen, die Forderungen nach Gleichheit und Freiheit für Frauen in meine künstlerische Arbeit einfließen zu lassen. Daraus folgend entstand die Idee einer Ausstellung, welche die gelebten weiblichen Intuitionen, Sinnes- und Gefühlswelten anschaulich und somit erlebbar macht. Es entstand die Ausstellung “Das können nur Frauen“. Das Projekt ist eine Einladung, diese Besonderheiten zu entdecken.

 

Dank der Einladung Roberto Muffoletto‘s, Direktor des Online Centers für Fotografie und digitale Medien Kunst VASA gibt es nun die Möglichkeit, diese Ausstellung und ihre Künstlerinnen digital vorzustellen. Es wird mehrere online Veröffentlichungen geben, in denen jeweils eine Künstlerin mit ihren Fotos und einem Videointerview vorgestellt wird.

 

 

 

Essay

 

Um das weibliche Element in der Fotografie zu verstehen, stellen wir uns am besten eine Reihe von Fragen: Was ist dieses weibliche Element und ist es gegeben oder angeeignet? Weshalb ist dieses Thema wesentlich und aktuell und worin besteht seine gesellschaftliche Relevanz? 

Zuerst stellt sich natürlich die Frage, ob es dieses speziell weibliche Element überhaupt gibt.

Und wenn wir das positiv beantworten, weshalb es für die Fotografie von Bedeutung ist.

Die Antwort auf diese Frage ist ein ganz eindeutiges ‘ja’, denn das weibliche als auch das männliche Geschlecht sind zuerst biologisch, also durch die Geburt determiniert. Die soziokulturelle Komponente wird dann durch die gesellschaftlichen Verhältnisse und die individuellen Lebensumstände hinzugefügt. Daraus ergibt sich, dass es selbstverständlich eine speziell weibliche Daseinsform gibt, verbunden mit entsprechenden Wahrnehmungen, Gedankenwelten und daraus resultierenden Handlungsweisen. Genauso, wie es auch eine männliche Wahrnehmung, einen männlichen Blick auf die Welt gibt, verbunden mit einem entsprechenden Wertesystem.

 

 

 

Meryl McMaster

 

Einen Beleg für die emotionalen und intellektuellen Verschiedenheiten liefern die Forschungsergebnisse aus der Gehirnforschung. Seit den neuesten Erkenntnissen der 1990er Jahre und mit Hilfe vieler aufklärender Studien und Bücher, wie zum Beispiel des australischen Paares Allen und Barbara Pease, sind die Unterschiede klar benannt und einem breiten Publikum bekannt gemacht worden. So ist zum Beispiel wissenschaftlich belegt, dass die männlichen und weiblichen Verschiedenheiten in weit größerem Masse ein Produkt der Biologie als ein Produkt der gesellschaftlichen Umstände sind. Wir sind unterschiedlich, weil unser Gehirn unterschiedlich aufgebaut ist. Dadurch erleben wir die Welt unterschiedlich, haben verschiedene Wertvorstellungen und setzen unterschiedliche Prioritäten. Nicht bessere oder schlechtere, sondern unterschiedliche.

 

Was wir uns bei dem Thema des weiblichen Elements immer wieder vergegenwärtigen müssen ist die Tatsache, dass männliche Sichtweisen ganz selbstverständlich unseren Alltag bestimmen. Sie begleiten uns durch unser Leben und werden oft gar nicht als spezifisch männlich wahrgenommen. Es ist ganz einfach die allgemeine und somit verbindliche gesellschaftliche Sichtweise. Es herrscht größtenteils Konsens. Aber genau dies ist der Beginn der Verzerrung und der gewaltsamen Verdrängung des weiblichen Blicks. 

 

Sich von diesen Verzerrungen und Verdrängungen zu lösen, ist eine Herausforderung. Wenn Frauen sich von den allgemein gültigen Betrachtungsmustern trennen, gehen sie meist durch einen langen Prozess. Er führt von der Wahrnehmung zur Erkenntnis und schließlich zur Bewusstseinsveränderung.

 

Was wir wahrnehmen, wird durch unser Wertesystem interpretiert und beurteilt. Dies wiederum löst Gefühle und entsprechende Handlungen aus. Im Kernpunkt dreht es sich dabei um Fragen der Selbstbestimmung. Was entscheiden wir selbst und was entscheiden andere über unsere Köpfe hinweg, gegen unseren Willen? In diesem Findungsprozess werden bestehende Werte hinterfragt und durch neue ersetzt. In den verschiedenen Kulturen und Gesellschaften können das sehr unterschiedliche Dinge sein: Zugang zu Bildung, Wahlrecht, Kinderbetreuung, Lohngleichheit, Aufstiegschancen.

 

Und wie verhält sich das in der Kunst? Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen werden Arbeiten von Künstlerinnen oft als zweitrangig wahrgenommen. Ihre Kunst wird gern übersehen und ist zumeist deutlich unterbewertet.

Der Weg der Selbstfindung löst für Frauen oftmals eine Verschiebung des gesamten Wertesystems aus. Dies ist ein langer und mitunter sehr schmerzlicher Prozess. Eine breite Palette von Ungerechtigkeiten tritt zutage, fehlender Respekt und bewusste Unterdrückung werden zu aufschreckenden Erlebnissen. Auch kommt unweigerlich der Moment, in dem Frauen mit dem Kopf an die gläserne Decke stoßen. All diese Lebenserfahrungen verstärken das weibliche Bewusstsein und schärfen somit den Blick.

 

Das weibliche Element in der Fotografie ist unmittelbar mit dem bewussten Sein der Künstlerin als Frau verbunden. Je mehr sie sich darüber Klarheit verschafft, desto mehr kann sie davon im Kunstwerk bewusst umsetzen. Ihre ständige Suche nach Selbstfindung und Neudefinition führt somit zu einer erweiterten Selbstwahrnehmung. Dabei geht es nicht nur um die Darstellung äußerlicher Dinge, sondern insbesondere auch um die Sichtbarmachung von Emotionen und Intuitivem.  

 

Erika Anna Schumacher

 

Dies ist sicher ein wesentlicher Grund, weshalb sich so viele Künstlerinnen ins Zentrum ihrer Kunst stellen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist die Aktionskünstlerin und Feministin Marina Abramovic. Ihr Selbstverständnis als Frau war immer Ausgangspunkt für jegliche ihrer künstlerischen Arbeiten.

In den Internet Präsentationen „Das können nur Frauen“ werden gelebte Sinnes- und Gefühlswelten fassbar und somit anschaulich und erlebbar gemacht. Das Unausgesprochene oder das, was zwischen den Zeilen steht wird in optische Wahrnehmung umgesetzt. Das Sinnliche, das Intuitive und die Persönlichkeit werden auf das Engste miteinander verbunden. All diese weiblich stark ausgeprägten Fähigkeiten verfügen über eine zauberhaft anziehende Magie, die bei vielen Gegebenheiten des Lebens, also auch in der Kunst, anzutreffen sind. Sie sind das tiefere Element des weiblichen Blicks.

 

Frauen sind auch für ihre besonders ausgeprägten Fähigkeiten der Anteilnahme, der Zuwendung, des Kontakte Knüpfens und des Vermittels zwischen Menschen bestens bekannt. Es sind ihnen in die Wiege gelegte Gaben. Frauen sind in der Lage ihre Umgebung sensibel zu ertasten und dabei gleichzeitig in einem sehr weiten Radius zu überblicken. Sie nehmen sinnliche Dinge und Vorgänge verstärkt wahr und machen sie zu einem Teil ihrer selbst. All diese Eigenschaften beinhalten sehr starke emotionale Fähigkeiten und sind ebenfalls Bestandteil des weiblichen Elements.

Insoweit es um die Frage der sozialen Relevanz geht, ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder eine essentielle Notwendigkeit, um die Missachtung der Rechte der Frauen aufzuzeigen und dem bewusst entgegenzutreten. Die globalen Veränderungen durch die Digitalisierung haben neben vielem Positiven leider auch Plattformen geschaffen, auf denen sich Frauenverächter in den infamsten Ausdrücken und Androhungen tummeln. Wir alle wissen, dass diese auch Todesandrohungen beinhalten.

 

Morde an Frauen nehmen weltweit zu. Hinzu kommt, gerade als Folge der Corona Pandemie, eine allgemeine globale Verarmung, die wiederum insbesondere Frauen betrifft. Frauen verlieren Ihre Arbeit unverhältnismäßig öfter als Männer. Oder sie geben ihre Arbeit zugunsten der Kindererziehung auf und begeben sich somit in die männliche Abhängigkeit. Die häusliche Gewalt ist durch die Pandemie massiv angestiegen und Hilfe für die betroffenen Frauen ist nur in kleinstem Maße vorhanden. Populisten überall auf der Welt trommeln gegen Frauenrechte und nehmen bereits erstrittene Reformen wieder zurück.

                                                                                                                            Linda Troeller

 

Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Austritt die Türkei aus der europäischen Istanbul-Konvention zum Schutz von Gewalt gegen Frauen. Der Austritt ist seit dem 1. Juli 2021 wirksam. Internationaler Widerstand gegen den Austritt hat sich geformt, unterstützt von der globalen ME TOO Bewegung.

 

Ableitend aus dem oben aufgezählten ist es eine zwingende Notwendigkeit, dass wir uns den Themen der Frauen mit Nachdruck zuwenden. Mit wir meine ich uns alle, ganz ausnahmslos. Wollen wir tatsächlich in gleichberechtigten Gesellschaften leben, müssen wir uns diesen Problemen und Herausforderungen zuwenden.

Die Internetpräsentation im VASA Online Center leistet einen aktiven Beitrag in dieser Auseinandersetzung und stellt fünf Künstlerinnen vor, die durch ihre Arbeiten das weibliche Element mit Selbstbewusstsein darstellen. Die Betrachtung der Fotos erlaubt uns in die tiefen gedanklichen und emotionalen Welten der Frauen einzutauchen. Die Arbeiten zeugen von der geistigen Tiefe der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Themen und dem Mut des Zeigens von eigenwilliger Persönlichkeit. Insbesondere auch den Mut der Offenlegung von Emotionen, denn diese Offenlegungen machen extrem verwundbar.

 

Die auf der Internet Plattform Vasa - Journal für Fotografie und Kultur gezeigten Fotos sind keine Zufallsprodukte, sondern Ergebnisse der kreativen als auch kognitiven Leistungen der Künstlerinnen. Auch die intuitiven Elemente in den Werken zeigen die klaren Positionen, die alle Frauen beziehen und die sie miteinander verbindet. Selbstreflektionen werden aus den verschiedensten Positionen vorgenommen.

     Roxanne Darling

 

Die Palette der Darstellungen könnte nicht weiter gefächert sein: von den Reflexionen des Momentes über die Spurensuche in die Vergangenheit bis hin zu Abstraktionen. Sie sind wie ein Reigen der großen Solidarität.